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Ode an den Klostein


Klosteine sind etwas Wunderbares.
In der gekachelten Tristesse der Pissoirs sind sie wie Frühlingsboten,
jungen Knospen gleich, die sprossen bunt durch's nackte Erdenreich.
Ihr Duft betörend weckt Erinnerungen
an Abenteuer, Kneipentouren, laue Sommernächte,
und an Rendezvous mit wunderbaren Frauen.

Der Klostein ist der Sonnenstrahl, der durch die dunklen Wolken bricht.
Der Silberstreif am Horizont, der selbst den trivialen Akt
des Urinierens oder Kotens durch seine Heiterkeit erfrischt
und uns die Hoffnung gibt,
ein Teil von etwas Größerem zu sein,
und nicht bloß einfach auszuscheiden.

So wird es Zeit, uns'ren Respekt ihm zu bekunden,
Dem treuen Freund im Plastikkorb am Ende uns'res Darms.
Stets bereit und gut gelaunt im Abschaum menschlichen Gestanks
Sein stilles Leben oft geächtet und verdammt
In unserer Verblendung des Nordseemordes gar bezichtigt
Ach je, wie sehr hast du ein freundlich Wort verdient!

Oh, du Poet der Bahnhofsklos!
Du Minnesänger der Spelunkenkeller!
Wie oft hast du, wenn ich des Nachts um drei mein schweres Haupt
auf dich herniedersenkte und mein Erbrochenes auf dir versprengte,
mir meine Übelkeit versüßt.
Mir zugelächelt, schienst zu sagen:

"Nimm's nicht so schwer, mein alter Freund,
um wieviel mehr hab ich doch zu ertragen!
Ich werde angekotzt, bepißt, beschissen
und weiß, ich werde diesen Ort nie mehr verlassen,
es sei denn Schicht für Schicht, hinfortgespült und abgetragen.
Und dennoch bin ich frisch und dufte,
schau, wie ein Herz war ich dereinst geformt,
verströme mein Parfum nur deinetwillen.
Ich leuchte farbenfroh in all dem Braun,
und wenn du abziehst, sprudle ich, daß es schäumt!"

Ja, und dann geht es mir auch gleich viel besser,
weiß ich doch, hier ist jemand, der mich versteht.
Oh, ja, ich bin mir sicher, mein Schicksal ist dir wohl vertraut
Zu oft hast du bereits in mein Gesicht geschaut
In Augenblicken, wo zu wagen, ich's keinem anderen geboten hätte
Du warst stets der einz'ge Zeuge, hing ich blaß in der Toilette.

Dein leiser Trost bedeutet mir so viel,
Ich weiß nicht, wie mein Leben ohne dich verlaufen wär.
Ja, ich behaupte gar, du bist der Menschheit letzte Rettung,
Würde man auf deinen stummen Rat nur hör'n.
Komm, Klostein, Hand in Hand betreten wir
Die Zukunft, und ich sage dir:

Oh, Klostein, danke!!!


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