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Guten Morgen


Seltsamer Tag.
Aufgewacht, umgeschaut, noch dagewesen.
Kopf gefaßt, Aua gesagt, aufgestanden.
Fenster geöffnet, 'Laß Luft in die Gruft', und rausgeguckt.
Guten Morgen, Schreck gekriegt, huch, Tag gefunden, liegt da draußen, Sonnmorgen wunderschön, wie geschaffen, im Park zu sitzen, Rentner zu füttern und Tauben zu vergiften.
Irgendwas riecht komisch, ach ja, ist der Sauerstoff.
Und auch sonst...
Die Satellitenschüsseln räkeln sich auf den Wetterseiten der Häuser und übernehmen die Aufgabe der Moose und Flechten.
Und die Rabatten lächeln so erbarmungslos durch den Humus, daß man meinen möchte, unter jedem Krokus läge ein Hippie begraben.
Perfekter Tag, könnte man glauben, selbst die Sonne geht noch ordentlich im Osten auf, wie sich das gehört, und das heutzutage, doch dann finde ich endlich einen Fehler. Das Blau des Himmels ist eine Nuance zu himmelblau für mich, na also, scheiß Tag stattdessen, wußte ich's doch.
'Ja, viel zu frühling zum Aufstehen', nicke ich vor mich hin und will mich schon zurück in die Heia tun, als plötzlich...

   Manchmal ist mein
   Bett beim
   Aufsteh'n schon
   so groß wie der
   Atlantik - und so leer

Mein Gott, Ansätze poetischer Gedanken?! Bei mir, in dem Kopf und vor dem Frühstück?! Der Tag muß scheiße werden.
Atlantik, hm.
Ja, von da drüben kommen sie immer, die Tiefausläufer, von Amerika schicken sie sie uns rüber, zusammen mit dem ganzen anderen Kram.
Hab gestern abend sogar noch den Wetterbericht angeschaut und mich anhand neuester Computeranimationstechnik auf einen scheiß Tag vorbereitet.
Nun ist es so weit, der Tiefausläufer wider Erwarten wer weiß wo, das Wetter super, und der Tag trotzdem Scheiße.
Zum Beispiel:
Wieder mit der halbvollen Bierflasche neben der Matratze eingeschlafen.
Ganze Kästen voll habe ich auf diese Weise bereits verloren. Umgerechnet.
Halbvolle Weingläser trinke ich in der Regel auch am nächsten Tag noch aus, vor allem wenn er so scheiße ist wie dieser.
Dabei tue ich dem Tag unrecht, er hat doch noch nicht einmal richtig angefangen.
Doch die Zeichen stehen schlecht.
Der Toaster klemmt wie immer und führt mein Frühstück unter Umgehung der Verdauungsorgane direkt in den Kohlenstoffkreislauf zurück.
Die Filtertüten sind alle, und das an einem Sonntag, die Katastrophe könnte kaum größer sein. Der Kaffee schmeckt immer so muffig, wenn ich ihn durchs Klopapier filtriere, aber immer noch besser als Tee.
Das letzte Aspirin fällt mir in den Ausguß vom Waschbecken und ist weg.
OK, das war's. Der Tag ist hin, finito, basta, zu nichts mehr zu gebrauchen. Könnte mich bestenfalls noch 'ne Weile vor's Telefon setzen, super, genau das mache ich, das paßt, könnte ja wer anrufen.
Was soll ich sagen, heute ist selbst der Telefonhörer schlecht aufgelegt, fällt mir aber erst auf, nachdem ich bereits zwei Stunden vergeblich davorgesessen habe.
Na ja, hab auch gar keinen Anruf erwartet.
Aber Moment mal...
Vergeht die Zeit beim Warten auf Anrufe und darauf, daß Wasser zu kochen anfängt, nicht anders? Langsamer? Ich meine, ungefähr so wie Hundejahre?
Ich glaube, so etwas in der Richtung hat Einstein uns damals allen sagen wollen, und der muß es ja wissen.
Fein, habe ich also, wenn man meinen Versuch von vorhin, einen Kaffee zu machen, noch mitrechnet, eigentlich bereits einen Acht-Stunden-Arbeitstag hinter mir, so gesehen...
Und mir mein Feierabendbier redlich verdient.
An diesem wirklich scheiß Sonnabend.
Es ist keins mehr im Kühlschrank.
Nur noch diese halbvolle Flasche von gestern. Warm und schal.
Da ist mir aber mit einem Mal selbst das so was von egal, ich nehme die Pulle, setze sie an, hart gegen mich selbst, trinke den Rest aus, kotze auf den Boden, krieche in die Flasche, verkorke sie von innen und werfe sie in den Atlantik.
Vielleicht trägt mich der Golfstrom ja zu den Tiefausläufern nach Amerika.
Vielleicht auch Richtung Osten, da, wo die Sonne immer herkommt.
Wahrscheinlich aber nur in einen neuen Tag.
Gute Nacht.


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